Mit der Interpellation «Erneuerbare Energie im Thurgau» wurde der Regierungsrat ersucht, acht brennende Fragen zu beantworten. Die rekordverdächtige Abstützung des im Februar 2020 von FDP-Kantonsrat Beat Pretali sowie 100 mitunterzeichnenden Parlamentsmitglieder eingereichten Vorstosses bestätigt, wie dringlich das Thema ist.
Viele Fragen offen
In der Beantwortung lässt der Regierungsrat vieles offen. Grundlage der Antwort ist ein liberalisierter Markt nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. «Diese Sichtweise verkennt die Situation», sagt Kantonsrat Beat Pretali. «Die Produktion und der Handel von Energie sind weltweit überreglementiert, mit Zöllen und Abgaben belastet wie auch durch immer neue Gesetze oder Auflagen eingeschränkt», ergänzt FDP-Kantonsrätin Kristiane Vietze, die den Vorstoss als Erstunterzeichnende unterstützt hat. Hinzu kämen aktuell noch fehlende Stromabkommen mit dem europäischen Ausland und geopolitische Diskussionen über Gaspipelines. «Wie sollen die Gesetze des Marktes hier greifen?», fragt sich Interpellant Beat Pretali. Kooperation sei in diesem Umfeld unumgänglich, sind Beat Pretali und Kristiane Vietze überzeugt. «Der Thurgau als energetisch bisher fremdversorgter Kanton scheint noch etwas Mühe zu haben mit dem Gedanken, einen angemessenen Beitrag an die Deckung des eigenen Energiebedarfs zu leisten», bedauert Beat Pretali.
Eine gesellschaftliche Herausforderung
Bereits ganz zu Beginn der Elektrifizierung der Schweiz hat der Thurgau die Bedeutung einer sicheren Stromversorgung erkannt und sich mit weiteren Ostschweizer Kantonen 1914 zur NOK zusammengeschlossen, um die damaligen Kraftwerke Beznau-Löntsch zu übernehmen. Daraus ist die Axpo entstanden und der Thurgau hat nicht nur Anteil an dieser Erfolgsgeschichte, sondern ist selbst seit über 100 Jahren Teil der Schweizer Energiewirtschaft. Zu dieser Rolle gehört sowohl eine Ansicht zur Entwicklung des Energiemarktes wie auch eine Vorstellung, wer sich im Thurgau um die Bereitstellung von erneuerbarer Energie kümmert. Der Präsident des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), Michael Wider, hat die Aufgabe in der Zeitschrift «Energiezukunft» wie folgt umschrieben: «Es braucht ein Puzzle von Massnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, Rückhalt und Akzeptanz in Politik und Gesellschaft sowie ein Commitment zum Wert, den die Versorgungssicherheit für unsere Wirtschaft und unser Land hat».
Nationale Strategie gefordert
Die Fraktion der FDP.Die Liberalen bestärkt den Regierungsrat, seine Verantwortung in seiner Eigentümerrolle in der Stromwirtschaft aktiv auszuüben und den Thurgauer Beitrag zur Versorgungssicherheit insbesondere auch im Bereich erneuerbarer Energien engagiert voranzutreiben. Beziehungsweise beim Bund nachdrücklich auf eine Nationale Energiestrategie zu pochen.