Der demografische Wandel greift tief und betrifft alle

Die Altersstruktur ist in Schieflage und die Folgen davon sind weitgreifend: Darüber waren sich Referenten und Podiumsteilnehmende an der gut besuchten Veranstaltung „(H)alt“ im Berufsschulzentrum für Technik in Frauenfeld einig. 

Den Tatsachen und Entwicklungen faktenbasiert ins Auge schauen: Die drei Thurgauer Parteien FDP, Die Mitte und EVP befassten sich an der gut besuchten öffentlichen Veranstaltung «(H)alt» im Berufsbildungszentrum für Technik in Frauenfeld mit der immer mehr in Schieflage kommenden Altersstruktur. Die beiden Experten Hendrik Budliger, Gründer und Leiter Demografik, und Jérôme Cosandey, Direktor Avenir Suisse Romand und Forschungsleiter des Fachbereichs Sozialpolitik, lieferten die Steilpässe für die nachfolgenden Podien unter dem Titel «Ist das Boot voll oder haben wir zu wenige zum Rudern?».

 

Langfristig ein Bevölkerungsschwund

«Die Bevölkerungszahl wird nach einem weiteren Anstieg bald stagnieren. Auch werden seit 2019 in der Schweiz mehr Menschen pensioniert, als Junge nachrücken», so Hendrik Budliger. «Die Alterung tangiert vor allem die drei Kernbereiche Arbeitsmarkt, Altersvorsorge und Alterspflege», zeigte Jérôme Cosandey auf. Um die Themen «Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft» ging es denn auch in den folgenden themenfokussierten Zweierpodien. Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli und FDP-Kantonsrätin Kris Vietze, Unternehmerin und Präsidentin der IHK-Thurgau, diskutieren unter der Leitung von Mitte-Kantonsrat Patrick Siegenthaler mögliche Lösungsansätze für den bereits spürbaren und künftig noch stärker greifenden Arbeitskräftemangel. Für Brigitte Häberli und Kris Vietze sind «Flexibilität und Flexibilisierung» die Schlüsselwörter dieser Zeit. Für die individuellen Lebensziele der Menschen heute brauche es flexible Arbeitgebende, sagte Brigitte Häberli. Kris Vietze ergänzte: «Wirtschaft und Gesellschaft sind zwei Hälften eines Ganzen, es liegt also an uns allen, gemeinsam neue Wege zu beschreiten.» Flavia Scheiwiller, Präsidentin der Jungen Mitte Thurgau, will im Bereich Umwelt das Umdenken durch gute Alternativen vereinfachen und visionär gedacht generationenübergreifendes Wohnen fördern. Enrique Castelar, Präsident der Jungfreisinnigen Thurgau, sieht es nicht als Staatsaufgabe, die Leute zu erziehen. «Auch wenn das Bevölkerungswachstum nicht mehr lange anhält, müssen wir jetzt Strukturen bereitstellen.» Er betonte die Notwendigkeit, Rahmenbedingungen für kurze Bauprozesse zu schaffen sowie auf marktbasierte Lösungen zu setzen.

 

Das Leben anders planen

Das Publikum hatte in der digitalen Abstimmung während der Versammlung grossmehrheitlich entschieden, dass die demografische Entwicklung grössere Auswirkungen auf die Gesellschaft als auf Wirtschaft und Umwelt hat. EVP-Kantonsrat Roger Stieger sagte dazu: «Es braucht keine Lösungen, sondern ein konsequentes Umdenken. Für die Nächsten sorgen und dabei erst noch weniger vereinsamen.» FDP-Kantonsrat Gabriel Macedo verriet in der von Kantonsrätin Sandra Stadler geführten letzten Runde: «Die Erhöhung des Rentenalters darf kein Tabu mehr sein und wir müssen diese schrittweise an die Lebenserwartung koppeln.» Dem massiven Fachkräftemängel in der Alterspflege will Macedo beispielsweise mit optimierten Infrastrukturen entgegentreten und nannte dafür das ausgebaute Alterszentrum Amriswil. Das Schlusswort hatten die beiden Fraktionspräsidenten Anders Stokholm (FDP) und Kilian Imhof (Die Mitte), mit ihrem Fazit: «Leben anders planen» und «Wir müssen weiterrudern». 

Auf dem Foto alle Rednerinnen und Redner: Kris Vietze (Kantonsrätin, Unternehmerin, Frauenfeld); Kilian Imhof (Kantonsrat, Fraktionspräsident, Balterswil); Flavia Scheiwiller (Präsidentin Die Junge Mitte Thurgau, Sirnach); Patrick Siegenthaler (Kantonsrat, Herdern); Enrique Castelar (Präsident Jungfreisinnige Thurgau, Steckborn); Roger Stieger (Kantonsrat, Weinfelden); Gabriel Macedo (Kantonsrat, Parteipräsident, Amriswil); Jérôme Cosandey (Directeur romand Avenir Suisse); Anders Stokholm (Kantonsrat, Fraktionspräsident, Frauenfeld); Brigitte Häberli (Ständerätin, Bichelsee); Hendrik Budliger (Gründer und Leiter Demografik)